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14.03.2023

Super-Methoden für Superlegierungen

Die neu entwickelte Superlegierung VDM® Alloy 780 widersteht Temperaturen von bis zu 750°C und hält enormen Kräften mit Leichtigkeit stand. Solche Materialien sind richtige Superheldinnen unter den Legierungen. Und genau wie menschliche Superheld*innen, haben auch sie ganz besondere Labore und Methoden, mit denen sie ihre Kräfte verbessern können. Neutronen und Röntgenstrahlen sind bei ihrer Erforschung ein unverzichtbarer Bestandteil.

Turbine Turbine Superlegierungen von VDM werden zum Beispiel in Gasturbinen eingesetzt, wo sie hohen Temperaturen und Kräften standhalten müssen. Optimierte Superlegierungen können die Langlebigkeit und die Effizienz solcher Turbinen verbessern. © FRM II

Superlegierungen von VDM werden zum Beispiel in Gasturbinen eingesetzt, wo sie hohen Temperaturen und Kräften standhalten müssen. Optimierte Superlegierungen können die Langlebigkeit und die Effizienz solcher Turbinen verbessern. © FRM II

Ihre Stabilität verdanken Superlegierungen unter anderem ihrer inneren Struktur, also der Art und Weise, wie sich die atomaren Bestandteile anordnen. Sie bilden ein regelmäßiges Kristallgitter, die so genannte γ-Matrix, welche das Grundgerüst der Legierung bildet. Zusätzlich werden verschiedene Unterstrukturen und weitere Elemente eingebettet, um die Stabilität und die Hitzeresistenz der Legierung zu erhöhen. Eines dieser Verfahren ist die Erzeugung einer weiteren Phase, der sogenannten γ’-Phase. Sie besteht aus einkristallinen Ausscheidungen, die sich innerhalb der Legierung anordnen, eingebettet in der γ-Matrix. Diese Ausscheidungen, typischerweise in der Größenordnung von Nanometern, entstehen, wenn die Legierung eine entsprechende Temperaturbehandlung erfährt. Sie erhöhen die mechanische Stabilität der Legierung, weil sie als Barrieren für atomare Umordnungen fungieren. Auch die VDM® Alloy 780 Legierung der Firma VDM Metals, die metallische Werkstoffe herstellt, verdankt ihre Stabilität diesem Prinzip und verspricht Betriebstemperaturen von bis zu 750°C. Um Ihre Eigenschaften besser zu verstehen, haben Wissenschaftler*innen des BMBF Projektes HiMat die Legierung mit Neutronen und Röntgenstrahlen untersucht.

Ceclia Solis am Dosimeter Ceclia Solis am Dosimeter Dr. Cecilia Solis am Dilatometer im Material Science Labor des MLZ. © Bernhard Ludewig, FRM II / TUM

Dr. Cecilia Solis am Dilatometer im Material Science Labor des MLZ. © Bernhard Ludewig, FRM II / TUM

Ausgeschieden und kristallisiert: Die Originstory der γ’-Phase

Dr. Cecilia Solis, Wissenschaftlerin am MLZ, ging der Frage nach, wie sich die γ-Phase genau bildet und weiterentwickelt. Sie untersuchte zusammen mit ihren Kollegen die von der Firma VDM Metals zur Verfügung gestellte Legierung VDM® Alloy 780. Dazu präparierten sie die Legierung auf drei unterschiedliche Weisen: Einmal ohne und einmal mit einer γ’ Phase. Eine dritte wurde gerade so behandelt, dass die γ’-Phase sich gerade erst beginnt auszuscheiden und dadurch nur schwach vorhanden ist.

Sie nutzten die Neutronenkleinwinkelstreuung (SANS) am SANS-1 Instrument am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum und die TOF-Neutronendiffraktion am GEM Instrument an der ISIS Neutron and Muon Source in Großbritannien für eine in-situ Messung, während der für die Proben typischen Betriebstemperaturen von 750°C. Ziel der Messungen war ein besseres Verständnis, wie die Ausscheidungen genau entstehen und wie man die Größe und den Volumenanteil der Ausscheidungen beeinflussen kann. „Der große Vorteil der SANS-Methode ist, dass wir die Messung in einer sehr kurzen Zeit durchführen können. Damit ist sie perfekt für in-situ Messungen geeignet, in denen wir die zeitliche Entwicklung der γ’-Phase untersuchen, also die Kinetik verstehen wollen”, erklärt Cecilia Solis.

Frank Kümmel an Prüfmaschine Frank Kümmel an Prüfmaschine Dr. Frank Kümmel an einer eigens entwickelten Prüfmaschine für das Testen von Superlegierungen. © Reiner Müller, FRM II/TUM

Dr. Frank Kümmel an einer eigens entwickelten Prüfmaschine für das Testen von Superlegierungen. © Reiner Müller, FRM II/TUM

Wie besiegt man eine Superlegierung?

Doch was passiert mit der γ’Phase bei Temperaturen, die deutlich über der maximalen Betriebstemperatur der Superlegierung liegen? Dr. Frank Kümmel, bis vor kurzem Wissenschaftler am MLZ, und sein Kollege Dr. Massimo Fritton haben mithilfe von Röntgen und Synchrotronstrahlung ebenfalls die Legierung VDM® Alloy 780 untersucht, um ihre Stabilität und Langlebigkeit zu verstehen. Beide Methoden unterscheiden sich im Wesentlichen in ihrer Energie und damit auch in ihrer Eindringtiefe. Erstere haben noch Energien, die bequem mithilfe von Laborinstrumenten erzeugt werden, dafür aber nur einige Mikrometer tief in die Legierung eindringen können. Synchrotronstrahlen hingegen sind hochfokussierte Strahlen mit einem Vielfachen der Energie herkömmlicher Röntgenstrahlen. Damit können sie mehrere Millimeter in die Probe eindringen.

Vollständig stabil bis 750 °C

Erzeugt werden Synchrotronstrahlen an großen Forschungseinrichtungen, wie zum Beispiel dem Deutschen Elektronen Synchrotron in Hamburg. Am dortigen PETRA III Synchrotron machten auch Frank Kümmel und Massimo Fritton ihre Messungen. „Mit beiden Methoden sind Untersuchungen sowohl an der Oberfläche als auch im Inneren der Probe möglich und aus ihrem Zusammenspiel können wir Oberflächeneffekte von Effekten im Inneren der Probe unterscheiden“, erklärt Frank Kümmel. Mit den kombinierten Messungen konnten die beiden Wissenschaftler zeigen, dass die γ’-Phase bei Temperaturen unterhalb der 750°C in der gesamten Legierung erhalten bleibt und damit die volle Stabilität aufweist. Erst ab 800°C beginnt sie sich aufzulösen und die γ’-bildenden Elemente werden in die γ-Phase aufgenommen, wodurch sich diese ausweitet. Diesen Effekt beobachten sie auch an der Oberfläche der Legierung, dort er ist jedoch nicht so stark ausgeprägt, was an Oxidationseffekten liegen könnte.

„Diese neuen Erkenntnisse sind von großem Wert für die Materialwissenschaft aber auch für die Industrie, um die Legierung weiter zu optimieren“, sagt Ralph Gilles, Koordinator des BMBF Projektes HiMat, aus dem die beiden Legierungsuntersuchungen stammen. Denn die Superlegierungen der Firma VDM Metals werden zum Beispiel in Gasturbinen eingesetzt, wo sie unter anderem extremen Temperaturen stabil standhalten müssen. Damit könnten Turbinen in Zukunft effizienter laufen. „Neutronen sind für solche Untersuchungen ein unverzichtbares Werkzeug, weil sie tiefer in die Probe eindringen können als zum Beispiel herkömmliche Röntgenstrahlen und ein viel größeres Volumen zerstörungsfrei in-situ messen können“, erklärt er.

Originalpublikationen:

  • C. Solís, A. Kirchmayer, I. da Silva, F. Kümmel, S. Mühlbauer, P. Beran, B. Gehrmann, M. Hafez Haghighat, S. Neumeier, R. Gilles. Monitoring the precipitation of the hardening phase in the new VDM® Alloy 780 by in-situ high-temperature small-angle neutron scattering, neutron diffraction and complementary microscopy techniques.
    Journal of Alloys and Compounds (2022), 928
  • F. Kümmel, M. Fritton, C. Solís, A. Kriele, A. Stark, R. Gilles. Near-Surface and Bulk Dissolution Behavior of γ′ Precipitates in Nickel-Based VDM® Alloy 780 Studied with In-Situ Lab-Source and Synchrotron X-ray Diffraction
    Metals (2022), 12, 1067

Mehr Information:

Gefördert wird das Projekt „HiMat“ (Projekt Nummer 05K19WO7) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF).

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