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02.04.2020
Prägen statt Stanzen
Wie Elektromotoren noch effizienter laufen können
Doktorand Tobias Neuwirth setzt die Probe an der Radiografieanlage ANTARES am MLZ ein. © Andreas Heddergott / FRM II, TU München
Eine Million E-Autos sollen bald auf Deutschlands Straßen rollen. Zwar ist der Wirkungsgrad eines Elektromotors mehr als doppelt so hoch wie beim Verbrennungsmotor. Eine noch höhere Effizienz könnte bei der Zahl an Fahrzeugen aber viel Energie einsparen. Mit einer neuen Messtechnik helfen Neutronen dabei, die Motoren noch effizienter zu machen.
Bei Elektromotoren ist es besonders wichtig, die entstehenden Magnetfelder im Motor an die richtige Position zu leiten. Dazu verwenden Hersteller üblicherweise Elektrobleche, in die sie Löcher stanzen. Diese Löcher sind Hindernisse für das Magnetfeld, dadurch kann man also dessen Verlauf steuern. Das reduziert aber die Stabilität und damit auch die Höchstgeschwindigkeit, mit der sich der Motor drehen kann.
Nahaufnahme der Probe mit Lichtspektrum, während sich Instrumentwissenschaftler Dr. Michael Schulz in einem Teil des Interferometers spiegelt. © Andreas Heddergott / FRM II, TU München
Die Lösung für dieses Problem könnte das Prägen sein. Prägungen stellen nämlich genauso ein Hindernis für das Magnetfeld dar wie Löcher. Allerdings beeinträchtigen sie die Stabilität nicht. Mit ihren Neutronenmessungen konnten Wissenschaftler unterschiedliche Stempel für die Prägung miteinander vergleichen und den Effektivsten identifizieren.
Am Instrument ANTARES des MLZ haben Forscher das ideale Umfeld, um Elektromotoren zu untersuchen. Denn kürzlich bauten die Instrumentwissenschaftler dort ihr verbessertes Neutronengitterinterferometer (nGI) auf. „Nirgendwo sonst kann man so große Proben so genau untersuchen“, sagt Instrumentwissenschaftler Dr. Michael Schulz vom MLZ. So ausgerüstet können sie in Zusammenarbeit mit weiteren Instituten (Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen der TUM und Institut für Elektrische Maschinen der RWTH Aachen) an einer neuen Produktionstechnik für Elektromotoren forschen.
„Neutronengitterinterferometrie ist dabei die einzige Technik mit der wir ortsaufgelöst magnetische Eigenschaften in der ganzen Probe bestimmen können. Andere Techniken können entweder nur die Oberfläche untersuchen oder nur gemittelte Aussagen über die gesamte Probe treffen. Das reicht aber einfach nicht aus, um das Material zu verstehen“, sagt Tobias Neuwirth, Doktorand der TU München, der die Elektrobleche untersucht und das neue Interferometer gebaut hat.
Das Prinzip der Neutronengitterinterferometrie ähnelt sehr den klassischen Bildgebungsverfahren und nutzt die Welleneigenschaften der Neutronen aus. Während aber zum Beispiel das Röntgen beim Arzt nur auf den Kontrast durch die unterschiedlich starke Absorption zurückgreift, geht das nGI einen Schritt weiter: Es betrachtet zusätzlich die Streuung der Neutronen und die Verschiebung der Neutronenwellen. Mit diesen zusätzlichen Analysemöglichkeiten können die Forscher magnetische Eigenschaften ortsaufgelöst untersuchen. Dabei besitzt das neue Interferometer die weltweit höchste Sensitivität, was hochpräzise Messungen auch bei kleinsten Änderungen der magnetischen Eigenschaften erlaubt.
Originalpublikationen:
B. Schauerte, N. Leuning, S. Vogt, I. Moll, H. Weiss, T. Neuwirth, M. Schulz, W. Volk, K. Hameyer.
The influence of residual stress on flux-barriers of non-oriented electrical steel. Journal of Magnetism and Magnetic Materials, Volume 504, 15 June 2020, 166659. DOI: 10.1016/j.jmmm.2020.166659
T. Neuwirth, A. Backs, A. Gustschin, S. Vogt, F. Pfeiffer, P. Böni, M. Schulz.
A high visibility Talbot-Lau neutron grating interferometer to investigate stress-induced magnetic degradation in electrical steel. Scientific Reports 10, 1764 (2020). DOI: 10.1038/s41598-020-58504-7
S. Vogt, T. Neuwirth, B. Schauerte, H. Weiss, P. Falger, A. Gutschin, M. Schulz, K. Hameyer, W. Volk.
Extent of embossing-related residual stress on the magnetic properties evaluated using neutron grating interferometry and single sheet test. Prod. Eng. Res. Devel. 13, 211–217 (2019). DOI: 10.1007/s11740-018-0863-7
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