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24.11.2023

Mit Positronen näher am Traum der Kernfusion

Kernfusion könnte in Zukunft dabei helfen das Energieproblem zu lösen. Allerdings sind bis dahin noch zahlreiche Herausforderungen zu überwinden. Unter anderem müssen die Innenwände des Fusionsreaktors extremen Bedingungen standhalten. Positronen helfen den Forschern und Forscherinnen dabei diese Materialien zu untersuchen.

Asdex copyright mpi fuer plasmaphysik jan hosan kl Asdex copyright mpi fuer plasmaphysik jan hosan kl Die Materialien in den Wänden eines Fusionsreaktors müssen hoher Strahlung und Hitze standhalten: Hier der Blick in das Plasmagefäß der Fusionsanlage ASDEX Upgrade. © MPI für Plasmaphysik / Jan Hosan

Die Materialien in den Wänden eines Fusionsreaktors müssen hoher Strahlung und Hitze standhalten: Hier der Blick in das Plasmagefäß der Fusionsanlage ASDEX Upgrade. © MPI für Plasmaphysik / Jan Hosan

Wie lässt sich eine künstliche Sonne abschirmen?
Als Kandidaten für das Material der Reaktorwand kommen unter anderem Wolfram und der Eurofer 97 in Frage, eine Stahllegierung aus Eisen, Molybdän und anderen Elementen. Der Stahl ist im Fusionsreaktor radioaktiver Strahlung ausgesetzt, die einzelne Atome aus ihrer Gitterposition im Metall herauslöst. In diese kleinsten Lücken können sich zunächst einzelne Heliumkerne einlagern, wobei sich nach und nach immer größere Poren bilden. Durch diese Porenbildung verschlechtert sich die mechanische Stabilität.

Mit Positronen dem Stahl auf den Zahn fühlen
Um zu verstehen, wie diese Effekte ablaufen, erzeugen Prof. Dr. Christoph Hugenschmidt und sein Team einen Positronenstrahl an NEPOMUC des Heinz-Maier-Leibnitz Zentrums (MLZ). Dabei machen sich die Forschenden zu Nutze, dass die Positronen länger leben, wenn sie sich in atomaren Leerstellen oder kleinsten Poren aufhalten. Dies liegt daran, dass dort weniger Elektronen sind, mit denen die Positronen als ihre Antiteilchen zerstrahlen können.

Darüber hinaus kann das Forschungsteam mit Hilfe des Spektrums der Positronenannhihilation die Geschwindigkeit der Elektronen bestimmen, mit denen die Positronen zerstrahlen. Aus diesen Daten können die Forschenden Rückschlüsse über die Größe und Art der Defekte ziehen.

20210614 bl 5725 kl 20210614 bl 5725 kl An der weltweit stärksten Positronenquelle NEPOMUC haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Materialien für Fusionsreaktoren untersucht. © Bernhard Ludewig, FRM II / TUM

An der weltweit stärksten Positronenquelle NEPOMUC haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Materialien für Fusionsreaktoren untersucht. © Bernhard Ludewig, FRM II / TUM

„Die Positronenquelle am MLZ erzeugt einen Strahl. der 100-mal stärker ist als herkömmliche Quellen. Dadurch dringt dieser viel tiefer in das Material ein und erlaubt Rückschlüsse über die Struktur bis in eine Tiefe von bis zu einem Mikrometer“, sagt Prof. Dr. Vladimir Slugen, von der Slovak University of Technology in Bratislava, der an zwei der insgesamt drei Untersuchungen beteiligt war.

Verbesserte Leistung dank Verunreinigungen
Slugen und sein Team schafften es, die Strahlungsresistenz des Stahls zu verbessern, indem sie andere Elemente wie Wolfram und Tantal beimischten. Eine weitere Verbesserung konnten sie erreichen, indem sie den Stahl mit Yttriumoxid versetzten. Dieses bildet kleine Partikel im Material, wobei sich an den Grenzflächen Helium anlagern kann. Dadurch wird die Bildung von größeren Poren verhindert, welche die Legierung schwächen.

Helium alleine schädigt nicht
Im Rahmen weiterer Messungen an Wolframproben stellte Hugenschmidt in Zusammenarbeit mit Forschenden des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik fest, dass Helium bei niedrigeren Temperaturen nicht in der Lage ist das Metall wesentlich zu schädigen, selbst wenn das eingesetzte Material zuvor bereits kleinere Schäden aufweist.
Diese Erkenntnisse sind wichtig, um optimale Wandmaterialen für Fusionsreaktoren zu entwickeln und deren sicheren Betrieb zu gewährleisten.

Originalpublikationen:

Vladimir Slugen, Jana Simeg Veternikova, Jarmila Degmova, Stanislav Sojak, Martin Petriska, Pavol Noga, and Vladimir Krsjak
Positron annihilation studies of Eurofer97/ODS steels after helium ion implantation
Nuclear Materials and Energy 34 (2023) 101369
10.1016/j.nme.2023.101369

Vladimir Krsjak, Tielong Shen, Jarmila Degmov, Stanislav Sojak, Erik Korpas, Pavol Noga, Werner Egger, Bingsheng Li, Vladimir Slugen, and Frank A. Garner
On the helium bubble swelling in nano-oxide dispersion-strengthened steels
Journal of Materials Science & Technology 105 (2022) 172–181
10.1016/j.jmst.2021.08.004

A. Kärcher, T. Schwarz-Selinger, V.V. Burwitz, L. Mathes, C. Hugenschmidt, and W. Jacob
The influence of displacement damage on helium uptake and retention in tungsten
Nuclear Materials and Energy 34 (2023) 101370
10.1016/j.nme.2023.101370

Mehr Informationen:
Die erwähnten Projekte erhielten finanzielle Unterstützung durch das Euratom research and training programme 2019-2020 (grant agreement No 945041 SafeG und Noß101061201 DELISA-LTO) und The Scientific Grant Agency of the Ministry of Education, Science, Research and Sport of the Slovak Republic and the Slovak Academy of Sciences (grant numbers VEGA 1/0382/20 and VEGA 1/0395/20) und das European Regional Development Fund (projects No. ITMS2014+: 313011BUH7 and ITMS2014+: 313011W085) und der Slovak Research and Development Agency unter dem Projekt APVV-20-0010 und die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG, German Research Foundation, Germany) – EXC-2035/1- 429845086.
Neben Forschenden der Technischen Universität München, dem Heinz Maier-Leibnitz Zentrum und dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Slovak University of Technology in Bratislava, der Chinese Academy of Sciences, der Universität der Bundeswehr München, der Southwest University of Science and Technology, der Texas A&M University und der Radiation Effects Consulting LLC beteiligt.

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