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Riesen-Rohr für winzigste Teilchen
Seine Abmessungen sind gigantisch, die Teilchen, die er untersuchen soll, dafür umso winziger: Ein 12 Meter langer Magnet wurde jetzt am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum angeliefert und mit drei Kränen in die Neutronenleiterhalle Ost gehievt. Der supraleitende Magnet wird am neuen Instrument PERC den Zerfall des Neutrons mit höchster Präzision beobachten. Dieser Prozess ist zum Beispiel für die Entstehung leichter Teilchen nach dem Urknall oder die Energieproduktion der Sonne sehr wichtig. Die Anlieferung hat das MLZ fotografisch und filmisch festgehalten.
Professor Bastian Märkisch, Elementarteilchenphysiker an der Technischen Universität München, gerät ins Schwärmen, wenn er von seinem neuen Experiment PERC spricht, das gerade in der Neutronenleiterhalle Ost des MLZ angeliefert wird. PERC wird am Strahlplatz des Instrumentes MEPHISTO aufgebaut. Bastian Märkisch ist sich sicher, dass hier ein Unikat vom Lkw gehoben wird: „Es gibt weltweit keinen Magneten dieser Art.“ Nicht nur die Größe des 12 Meter langen Kolosses ist beindruckend, auch die Messungen, die er einmal ermöglichen soll, klingen bahnbrechend.
Präzision nicht nur beim Abladen
PERC misst, wie das Neutron nach immerhin 15 Minuten Lebenszeit in ein Elektron, Proton und Antineutrino zerfällt. Beim Zerfall gibt es viele Dinge, die den Elementarteilchenphysiker brennend interessieren. „Die vielleicht wichtigste Messung ist die Asymmetrie in der Winkelverteilung der entstehenden Elektronen zur Spinrichtung der Neutronen“, sagt Märkisch, während zwei Kräne das Riesen-Rohr auf einen Schwerlastroller hieven. Um der für den Zerfall der Neutronen verantwortlichen schwachen Wechselwirkung, wie der Physiker das nennt, auf die Spur zu kommen, muss er den Neutronenzerfall mit höchster Präzision messen. Auch beim Verladen des Rohrs ist Präzision und Fingerspitzengefühl der Kranfahrer und Mitarbeiter gefragt. Schließlich ist in seinem Inneren ein kompliziertes System aus supraleitenden Spulen, Versorgungsleitungen und Sensoren verbaut, das erschütterungsempfindlich ist.
Zehn Mal genauer messen
„In der Präzision der Messungen haben wir uns nach vorne getastet.“ Derzeit liegt die Genauigkeit auf der dritten Nachkommastelle, mit PERC wäre die vierte Nachkommastelle kein Problem. „Wir messen also etwa zehn Mal genauer als jeder andere zuvor und suchen damit nach neuer Physik jenseits des Standardmodells der Teilchenphysik“, sagt Märkisch. Dazu wolle man die „Fußabdrücke neuer schwerer Teilchen“ finden und sei mit den Ergebnissen auch „Zulieferer für Präzisions-Neutrino-Experimente“, so Märkisch, der zufrieden noch ein Foto schießt, als das Rohr auf dem Schwerlastroller in die Halle gleitet. Die Physiker der TUM wollen den Neutronenzerfall auch deshalb beobachten, um genauer zu berechnen, wie viele leichte Atomkerne nach dem Urknall entstanden oder energiereiche Fusionsprozesse in der Sonne ablaufen. PERC soll mit genauesten Neutronenmessungen all diese Rätsel lösen helfen.
Weniger Störfaktoren am FRM II
Die Genauigkeit spiegelt sich in der Größe: Der Teil des PERC-Magneten, in dem der Zerfall von Neutronen beobachtet wird, ist drei Mal so lang wie das Vorgängermodell am Institut Laue-Langevin (ILL) PERKEO III, sein Magnetfeld etwa zehn Mal stärker und misst im Vergleich zehn Mal mehr Zerfälle. „Und wir haben weitere Vorteile hier an der Forschungs-Neutronenquelle FRM II“, zählt Märkisch auf und deutet in die etwa ein Fußballfeld große Neutronenleiterhalle Ost. „Der Strahl der kalten Neutronen ist vergleichbar zu
anderen Hochflussquellen wie dem ILL, doch hier sind die Nachbarinstrumente viele Meter entfernt, sodass die Messungen deutlich weniger gestört werden.“
Acht Meter Magnet aus einem Stück gefertigt
Der Zerfall der Neutronen aus dem FRM II wird in PERC auf einer Flugstrecke von acht Metern beobachtet. Trotz der langen Lebensdauer der kalten Neutronen zerfällt weniger als eines von 100.000 auf dieser langen Strecke. Die hohe Anzahl geladener Teilchen aus den Neutron-Zerfällen werden an den Enden des Magneten von schnellen Detektoren nachgewiesen. Die erste Spule des supraleitenden Magnets hat ebenfalls einen Unikatstatus: ein acht Meter langer Solenoid ist präzise aus einem Stück gefertigt.
Und wie geht es jetzt weiter, nachdem der Magnet an seiner Position auf sechs Füßen steht? „Als nächstes wird die Kälteanlage für den Magneten angeliefert“, berichtet Professor Märkisch, der sich auf Knien davon überzeugt, dass das Rohr im Wasser steht. Sie kühlt den Magneten mit flüssigem Helium auf minus 267°C (4,5 Kelvin) Betriebstemperatur, erst dann wird der Magnet supraleitend. Man ahnt es schon, auch die Kälteanlage wird riesig: Sie soll etwa 13 Badewannen voll flüssigem Helium zwischenspeichern.
Weitere Informationen:
PERC steht für Proton Electron Radiation Channel.
PERC-Webseite: https://www.groups.ph.tum.de/ene/research/perc/
Das Projekt wird gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms SPP 1491 “Precision experiments in particle- and astrophysics with cold and ultracold neutrons”
Partner des Projekts PERC:
• Technische Universität München
• Universität Heidelberg
• Technische Universität Wien
• Universität Mainz
• Institut Laue-Langevin Grenoble (Frankreich)
Andrea Voit
Presse- und Öffentlichkeits-
arbeit FRM II
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