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Lichtenbergstr.1
85748 Garching
Gut eingenistet – das Leben am FRM II aus der Vogelperspektive
Die meisten meiner Artgenossen bevorzugen das hippe Münchener Stadtleben. Sie bauen ihre Nester in Nischen, Fenstern und Schächten besonders hoher Gebäude. Am liebsten suchen sie sich Türme, um ihrem Namen gerecht zu werden, nehme ich an. Und dann schwärmen sie mir immer von der ach so tollen Aussicht auf die Altstadt vor. München – wer kann sich denn das heute noch leisten? Die begehrtesten Dachgeschossnischen sind schon belegt. Und viele der noch freien Nistplätze sind entweder vergittert oder entpuppen sich bei genauerer Betrachtung sogar als gefährlich! Erst letztens dachte ich die perfekte Wohnung für meine Herzensdame und mich gefunden zu haben: Ein kleiner Schacht hoch oben an einem Gebäude gelegen. Doch wer zum Kuckuck hat die Nische mit Stacheln und Dornen versehen? Das waren bestimmt diese Menschen. Unterentwickelte Vögel sind das. Ihre Flügel haben keine Federn mehr und baumeln sinnlos an ihrem Oberkörper. Heilige Meise, müssen die uns beneiden! Einfach vom Boden abheben und überall hinfliegen können – davon können die nur träumen! Deshalb gönnen sie uns wohl nicht, dass wir Unterschlupf in ihren Dächern suchen. Aber gut. Mir soll’s recht sein. Das hektische Münchener Stadtleben fand ich eh nie besonders attraktiv. „Lass uns aufs Land ziehen!“, habe ich zu meiner Angebeteten gesagt. Und das taten wir. Nach Norden sind wir geflogen, immer weiter, bis wir den perfekten Ort gefunden haben.
„Es hat wohl noch nicht so oft einen Turmfalken nach Garching verschlagen“
Nun wohnen wir schon seit Anfang April in Garching. Schön ist’s hier. Und so, wie uns die Menschen hier ansehen, könnte man meinen, wir seien eine Rarität. Oft sitzen sie am Fenster gegenüber von unserem Haus und starren uns an. Manchmal schauen sie auch durch einen Apparat mit einem Riesenauge, dann klickt und blitzt es ab und zu. Es hat wohl noch nicht so oft einen Turmfalken nach Garching verschlagen. Merkwürdig, dabei gibt es doch recht viele von uns.
Turmfalke fliegt vom Nest weg © Christian Müller
Nest im neu gebauten Büro- und Werkstattgebäude der TUM
Wir haben uns ein Nest gebaut in einem Schacht an einem der Gebäude. Anscheinend ist das Haus noch nicht ganz fertig. Jeden Tag kommt ein Dutzend von diesen Menschen her und hämmert und bohrt. Aber das soll uns nicht stören. Der Schacht war wenigstens schon bezugsfertig und meiner Dame gefiel er besser als dieser Nistkasten auf dem anderen Dach. Und da sie die Herrin des Nestes ist, habe ich ihr die Wohnungswahl überlassen. Himmel sei Dank, brauchen wir für unseren Nestbau nicht so lange wie die Menschen für ihren Wohnungsbau. Vier kleine Eier liegen jetzt im Nest. Bis die Kleinen schlüpfen, wird meine Herzensdame auf die Eier aufpassen. Währenddessen gehe ich auf Beutezug. Auf diesem Gelände kann man ja noch ordentlich jagen! Auf den großen Grünflächen tummeln sich noch zahlreiche Feldmäuschen. Hmmmmm, schmackhafte Feldmäuschen! In der Stadt haben sie sich schon rargemacht. Kein Wunder, wenn alles Grün von den Menschen zugekleistert wird. Hier stehen zwar auch ein paar Häuser, doch die bunten Wiesen und Wälder rundherum gleichen den grauen Beton der Menschenbauten aus und geben meinem Essen ein Zuhause.
Die schöne Aussicht vom Atom-Ei genießend © Christian Müller
Eier in direkter Nachbarschaft zum Atom-Ei
Mit dem Mittagessen im Schnabel mache ich mich auf den Heimflug. Bevor ich jedoch zum Schacht fliege, drehe ich noch ein paar Runden um dieses riesige Ei direkt gegenüber von unserem Haus. Es verschlägt mir jedes Mal das Zwitschern. Was für ein Vogel wohl daraus schlüpfen wird? Seine Mutter habe ich hier noch nie gesehen; sie hat anscheinend das Brüten aufgegeben. Ich lande auf dem Ei. Es fühlt sich seltsam an. So kalt und stählern. Als wäre es auch nur so ein lebloses Gebäude.
Auf dem Ei-Gelände sehe ich jeden Tag sehr viele Menschen hin und her huschen. Manche von ihnen tragen weiße Kittel. Meistens gehen sie in das größte Gebäude gleich hinter dem Ei. Was sie dort drinnen wohl machen? Ihren Gesichtern nach zu urteilen, gehen sie einer ganz faszinierenden Beschäftigung nach. Diese Menschen… Mit was die sich alles die Zeit vertreiben können!
Das Mittagessen zappelt und weckt mich aus meiner Reverie. Über das viele Grübeln hätte ich doch fast vergessen, dass ich hungrig erwartet werde. Ich hebe vom Ei ab und fliege schnurstracks nach Hause.
Luisa Heyer
Presse- und Öffentlichkeits-
arbeit FRM II
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