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14.9.2017

Pilze sammeln für die Wissenschaft

Morchella esculata Morchella esculata Dr. Matthias Rossbach und seine Kollegen haben die Speisemorchel genau untersucht. © Andreas Kunze

Dr. Matthias Rossbach und seine Kollegen haben die Speisemorchel genau untersucht. © Andreas Kunze

Pilzsammler verraten nie ihre Fundstätten, das haben sie auch nicht für Dr. Matthias Rossbach getan. Aber sie haben ihm die Speisemorcheln, die sie in Bayern, Niedersachsen und Brandenburg gesammelt haben, getrocknet und zur Untersuchung geschickt.

Die Speisemorchel kommt zwar in Europa und dem amerikanischen Kontinent häufig vor, ist aber wegen ihres ausgezeichneten Geschmacks ein überaus wertvoller Speisepilz. Sie kann zwischen März und Juni zumeist in lichten Auenwäldern gefunden werden, gilt wie fast alle Speisepilze wegen des hohen Mineralgehalts als gesund und wird sogar zur Hemmung des Tumorwachstums, als Antioxidantium und zur Stimulation des Immunsystems medizinisch eingesetzt. Bei all diesen schon bekannten und untersuchten Fakten ist erstaunlich, dass die genaue Elementzusammensetzung nur für türkische und pakistanische Speisemorcheln untersucht wurde, nicht aber für deutsche und schon gar nicht nach dem Unglück von Tschernobyl.

Das haben Matthias Rossbach vom Forschungszentrum Jülich und seine Kollegen nun nachgeholt und bei der Gelegenheit auch gleich den Gehalt von fast 20 weiteren Elementen mit der Prompten Gamma-Neutronenaktivierungsanalyse (PGAA) bei Dr. Zsolt Revay und Dr. Christian Stieghorst am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in Garching und der Instrumentellen Neutronenaktivierungsanalyse am Forschungsreaktor in Mainz bestimmt. Seit Tschernobyl stehen ja sowohl Pilze als auch Wild bei vielen Deutschen nur selten oder gar nicht mehr auf dem Speiseplan. Der Gehalt an Cäsium-137 gilt dabei sozusagen als Messgröße für radioaktive Belastung der Pilze. Wie nicht anders zu erwarten war, enthielten die bayerischen Speisemorcheln am meisten Cäsium-137, die niedersächsischen am wenigsten und die brandenburgischen lagen dazwischen. Dennoch die gute Nachricht für Morchelfans: auch der Gehalt der bayerischen Morcheln betrug nur etwa ein Zwanzigstel des zulässigen Grenzwerts für Lebensmittel.

Der Gehalt der anderen untersuchten Elemente variierte je nach Standort sehr stark. Da die elementare Zusammensetzung der Speisemorchel aber vorher nicht bestimmt wurde, fehlt es an Vergleichswerten. Der pakistanische Wissenschaftler fand in den dortigen Morcheln sehr viel niedrigere Werte für alle Elemente, versäumte aber, die Art der Vorbehandlung vor der Messung der Pilze anzugeben; deshalb können diese Werte verschiedene Gründe haben. Rossbach fand insbesondere den sehr hohen (aber immer noch unkritischen) Gehalt an Aluminium und Arsen in den deutschen Pilzen erstaunlich: „Pilze leben häufig in einer engen fast symbiotischen Nachbarschaft mit Bäumen und tauschen dabei auch Substanzen aus. Das läuft im Wesentlichen über das Element Phosphor, das für Bäume wichtige Metallkationen absorbieren kann. Allerdings sind Kadmium und vor allem Aluminium das reine Gift für Bäume und vielleicht halten die Speisemorcheln diese Elemente zurück und wirken als Filter für die Baumwurzeln.“ Das ist jedoch bis jetzt noch nicht untersucht worden, insbesondere ist völlig unbekannt, wie und warum die Pilze diese Elemente aufnehmen und speichern. Also schon die nächste Frage für die Wissenschaft …

Originalpublikation:
M. Rossbach, E. Kümmerle, S. Schmidt, M. Gohmert, C. Stieghorst, Z. Revay, N. Wiehl; Elemental analysis of Morchella esculenta from Germany
Journal of Radioanalytical and Nuclear Chemistry 313, 273 (2017)

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