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10.08.2020
Neutronenstreuexperimente zeigen überraschende Reaktion von magnetischen Nanoteilchen auf Magnetfelder
Statisches Erklärungsmodell für magnetische Nanoteilchen reicht nicht aus
Kleinwinkelstreuanlage KWS-1 des Forschungszentrums Jülich am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in Garching (links im Bild
Magnetische Nanopartikel reagieren auf ein von außen einwirkendes Magnetfeld anders als bisher erwartet. Dies zeigt eine Studie eines internationalen Forschungsteams unter Beteiligung des Forschungszentrums Jülich mittels Neutronenstreuung am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in Garching.
Zur Überraschung der Forscherinnen und Forscher wächst der magnetische Kern der Teilchen durch die Einwirkung. Die Untersuchungen der Forschenden ermöglichen ein genaueres Verständnis von Struktur und Verhalten der Partikel in einem Magnetfeld. Dies ist wichtig, um mit Hilfe solcher Teilchen anspruchsvolle technische Anwendungen zu realisieren, zum Beispiel eine höhere Speicherdichte in den Computern der Zukunft zu erreichen oder bessere Batterien zu entwickeln. Auch die Medizin interessiert sich für magnetische Nanoteilchen: Mit ihrer Hilfe sollen gezielt bestimmte Bereiche des Körpers erwärmt und dadurch Krebs behandelt werden.
Blick in die Detektorröhre der Jülicher Kleinwinkelstreuanlage KWS-1. © Andreas Heddergott/TUM © Andreas Heddergott/TUM
Bisheriger Stand der Forschung war, dass Magnetismus in Nanoteilchen im Wesentlichen im Kern der Teilchen vorkommt. Denn hier weisen die Atome eine gewisse Ordnung auf, so dass die magnetischen Momente oder die Spins, also die Eigendrehimpulse der Elektronen, regelmäßig ausgerichtet sein können. Im strukturell ungeordneten Oberflächenbereich von Nanoteilchen sind die Spins hingegen wahllos ausgerichtet, wodurch keine Ordnung und somit kein Magnetismus entstehen können.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich, der Universität zu Köln, der Universität Prag und der internationalen Neutronenforschungseinrichtung Institut Laue-Langevin haben nun jedoch mittels Neutronenstreuung an Kobaltferrit-Nanoteilchen gezeigt, dass sich die Struktur magnetischer Nanoteilchen im Magnetfeld verändert.
In ihren Experimenten vergrößerte sich das magnetische Kernvolumen um bis zu 20% bei Anlegen eines äußeren magnetischen Feldes, gleichzeitig verringerte sich die Dicke des ungeordneten Oberflächenbereichs auf weniger als die Hälfte. Die Forscherinnen und Forscher erklären dies dadurch, dass das angelegte Magnetfeld einen Teil der zuvor ungeordneten Spins in eine Ordnung bringt, die sich an Magnetisierung im Kern der Teilchen ausrichtet. Das bisher verbreitete statische Erklärungsmodell für magnetische Nanoteilchen reicht offensichtlich nicht aus und muss um eine vom magnetischen Feld abhängige Komponente erweitert werden muss.
Das Schrumpfen der oberflächlichen, nichtmagnetischen Schicht konnten die Forschenden mit Hilfe einer speziellen Neutronenstreumethode an der Kleinwinkelstreuanlage KWS-1 nachweisen, die das Forschungszentrum Jülich an seiner Außenstelle am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum in Garching betreibt.
„Polarisationsanalyse bei Kleinwinkelstreuung unter hohen magnetischen Feldern benötigt spezielle Instrumente und einen hohen Neutronenfluss, den nur wenige Neutronenquellen liefern, aber auch viel Erfahrung“, erläutert Dr. Artem Feoktystov, KWS-1-Instrumentverantwortlicher am Jülich Centre for Neutron Science „Wir gehören zu den wenigen Neutronenforschungseinrichtungen auf der Welt, die solche Untersuchungen unter magnetischen Feldern von bis zu 3 Tesla regelmäßig durchführen.“ Dank Polarisationsanalyse konnten die Forscher die Bereiche der Teilchen identifizieren und ausmessen, deren Spins nicht geordnet sind.
Originalveröffentlichung:
D. Zákutná et al.;
Field-Dependence of Magnetic Disorder in Nanoparticles,
Phys. Rev. X 10, 031019 – Published 24 July 2020, DOI: 10.1103/PhysRevX.10.031019
Kontakt:
Dr. Artem Feoktystov
Jülich Centre for Neutron Science am Heinz Maier-Leibnitz Zentrum
Tel: 089/289-10746
E-Mail: a.feoktystov@fz-juelich.de
Pressekontakt:
Angela Wenzik, Wissenschaftsjournalistin
Forschungszentrum Jülich
Tel: 02461 61-6048
E-Mail: a.wenzik@fz-juelich.de
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