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18.01.2022
Neutronen-Bilddetektor im Handtaschen-Format
Die Corona-Pandemie macht es auch Forschenden nicht leicht. Doch ein Wissenschaftler vom Heinz Maier-Leibnitz Zentrum (MLZ) und eine Doktorandin am Trainings-Reaktor in Prag ließen sich nicht von Lockdowns und Reisebeschränkungen unterkriegen: Über Videocalls bauten sie gemeinsam einen portablen, hoch sensitiven Neutronen-Detektor.
„Ich habe wirklich nicht erwartet, dass es so gut funktioniert“, gibt Dr. Burkhard Schillinger, Instrumentwissenschaftler an der Neutronen-Radiographie-Anlage ANTARES der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) zu. Mit seiner Hilfe hat Jana Matoušková, Doktorandin am Trainings-Reaktor VR-1 der Czech Technical University (CTU) in Prag, einen von ihm zuvor am FRM II entwickelten sensitiven Neutronen-Detektor nachgebaut, der bei nur 500 W Reaktorleistung brauchbare Bilder produziert. Zum Vergleich: Der FRM II läuft mit einer Leistung von 20 MW – das ist 40.000-mal so viel.
Persönliches Kennenlernen nach Ende des Lockdowns: Dr. Burkhard Schillinger (rechts) mit Jana Matoušková (Mitte) und Dr. Lubomir Sklenka (links) am Trainings-Reaktor in Prag. © Burkhard Schillinger
Anleitung via Zoom
Was den Erfolg der Forschenden umso beeindruckender macht, ist die Tatsache, dass das gemeinsame Projekt zunächst nur über Video-Telefonate stattfinden konnte. Schillinger erklärte via Zoom und Matoušková folgte seinen Anweisungen am heimischen Schreibtisch. „Jana Matoušková bekam von der Werkstatt die benötigten mechanischen Teile geliefert und hat den Neutronen-Detektor mit Kontrollsystem samt Software dann komplett allein bei sich im Home Office zusammengebaut“, so Schillinger. „Sie hat sogar das Löten per Video gelernt.“
Portabel, sensitiv und dabei billig
Am Ende kam dabei ein portabler Neutronen-Detektor heraus, der an jeder beliebigen Neutronenquelle zum Einsatz kommen könnte. Die hohe Sensitivität erhält der Detektor von der verbauten Astronomie-Kamera. Solche Kameras für Hobby-Astronomen werden immer billiger. Der komplette Detektor kostete somit nur rund 1000 € und damit viele tausend Euro weniger als die üblichen Neutronen-Detektoren am FRM II.
Links: Foto des Türschlosses, rechts: Die 3D-Rekonstruktion aus den Aufnahmen des Detektors von einem tibetanischen Vorhängeschloss (der Bügel ist nicht im Bild). © links: Jana Matoušková, rechts: Burkhard Schillinger
Durch seine hohe Sensitivität liefert der Detektor auch an Reaktoren mit sehr niedriger Leistung, wie dem Nahe-Null-Reaktor VR-1, Bilder – jedoch mit gewissen Einschränkungen. Für ihre weltweit erste Neutronen-Tomographie bei 500 Watt benötigte Matoušková 12 Stunden. „Für die Spitzenforschung ist ein Hochleistungsreaktor wie der FRM II nach wie vor unersetzlich“, erklärt Schillinger, „aber es war beeindruckend zu sehen, dass wir bei so geringer Leistung überhaupt ein Bild aufnehmen konnten.“ Am FRM II wäre die selbe Aufnahme rein rechnerisch innerhalb weniger Sekunden möglich. Da ANTARES aber für ein detailliertes und rauschfreies
3D-Bild etwa hundert mal mehr Neutronen und mehr Winkelpositionen aufnimmt, würden Forschende dafür nur etwa eine halbe Stunde benötigen.
Detektor ist eine Mini-Version von ANTARES
Bei dem Detektor, den Jana Matoušková mit Hilfe von Burkhard Schillinger gebaut hat, handelt es sich um eine verkleinerte Kopie des Neutronen-Radiographie-Systems am FRM II. „Vereinfacht gesagt, erkennt man mithilfe von Neutronen oft all das, was mit Röntgenaufnahmen nicht möglich ist“, erklärt Schillinger das Prinzip der Neutronenradio- und -tomographie, die am MLZ an den Instrumenten ANTARES und NECTAR betrieben wird. Wie das genau funktioniert, erklärt das Video rechts.
Und dass es tatsächlich auch im Handtaschenformat funktioniert, zeigte Jana Matoušková mit ihrer ersten Tomografie eines tibetanischen Türschlosses. „Da war ich wirklich überrascht, wie gut man trotz der etwas verrauschten Aufnahmen Einzelheiten erkennen konnte“, gesteht Burkhard Schillinger.
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