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Alles außerirdisch: Wie Neutronen einen Meteoriten enttarnen
Die Faszination für Meteoriten ist groß, schließlich kommen sie von weit her auf die Erde und erzählen von der Entstehung unseres Sonnensystems. Worum es sich bei den auffälligen Gesteinsbrocken im Detail handelt, wird jedoch erst nach eingehenden Analysen klar. Jetzt halfen Neutronen des Heinz Meier-Leibnitz-Zentrums (MLZ) einen Meteoriten aus Nordafrika zu enttarnen.
Rund 200.000 Meteoriten mit mehr als 100 Gramm Masse fallen jährlich auf die Erde. Kleinere außerirdische Gesteinsbrocken regnet es tonnenweise, die meisten verglühen. Viele der gefallenen Meteoriten bleiben unentdeckt, verwittern. In den Wüsten, sowohl den heißen als auch den kalten, können sie jedoch Zehntausende von Jahren überdauern. Sie warten nur darauf, von neugierigen Sammlern gefunden zu werden.
Eine halbe Tonne schwer und zwei Meter tief im Boden
Im Grenzgebiet zwischen Libyen und dem Tschad, mitten im Niemandsland, sind Einheimische per Zufall auf einen Meteoriten gestoßen. Eigentlich waren sie auf der Suche nach Gold, als ihr Metalldetektor auslöste. Zwei Meter tief mussten sie graben, um den Fund zutage zu fördern. Doch es war kein Gold, was sie dort freilegten, sondern ein außerirdischer Gesteinsbrocken. Eine stolze halbe Tonne schwer. Knapp einen Meter messe der Meteorit in der Länge und sei je 45 Zentimeter breit und tief, meldet Diplom-Physiker Dieter Heinlein vom DLR-Feuerkugelnetzwerk. Dass der Meteorit so tief unter der Erde verborgen lag, spreche dafür, dass er schon vor sehr langer Zeit vom Himmel fiel, „möglicherweise vor mehreren zehntausend Jahren“, meint Dr. Xiaosong Li, Instrumentwissenschaftler am Heinz Meier-Leibniz Zentrum (MLZ), der das Material analysierte.
Von Nordafrika nach Oberbayern
Dass es sich um etwas Außergewöhnliches handelte, war wohl auch den Findern klar. Über eine Vermittlerin kamen sie zu Heinlein. Als Leiter des Feuerkugelnetzwerkes des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind Meteoriten sein Spezialgebiet. Die entscheidende Frage: Hat der Gesteinsbrocken wirklich einen extraterrestrischen Ursprung? Zur genauen Analyse wandte sich Heinlein an das MLZ. So fand ein kleines Stück des großen Brockens seinen Weg nach Garching, zu Dr. Xiaosong Li. Es ist nicht der erste Meteorit, der bei ihm landete: Vor etwa zwei Jahren untersuchte Li bereits den in Deutschland gefundenen Meteoriten „Cloppenburg“.
Xiaosong Li analysierte am MLZ einen kleinen Splitter des 500 kg schweren Meteoriten. © Reiner Müller / TUM
Per Rohrpost zur Bestrahlung
Li bereitete für seine Untersuchung Proben vor. Mit einer Zange konnte er einfach kleine Splitter von zehn bis 30 Milligramm abtrennen, so weich ist das außerirdische Gestein. Zur Bestimmung der Elementzusammensetzung kam die Neutronenaktivierungsanalyse zum Einsatz. In der Rohrpostanlage (RPA) bestrahlte Li das Material. „Rohrpost“ deshalb, weil die Proben in kleinen Kapseln mittels Gas durch Rohre zur Bestrahlungsposition nahe des Reaktorkerns und zurück ins Messlabor geschossen werden. Li maß die Gammastrahlung. Sie ist charakteristisch für einzelne chemische Elemente und gibt so Aufschluss über die Zusammensetzung.
Definitiv außerirdisch
Das Ergebnis verrät eindeutig den extraterrestrischen Ursprung der Gesteinsproben. Ein unzweifelhafter Marker ist die große Menge an Iridium. Wissenschaftler Li setzt den Analysebefund ins Verhältnis: „In der Probe haben wir 15.000mal mehr Iridium als auf der Erde üblich ist.“ In Erdgestein ist das Metall noch seltener als Gold oder Platin, nur ein Teil in einer Milliarde ist sein Anteil in der Erdkruste. Das ist wirklich die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen.
Geboren zwischen Mars und Jupiter
„Die Neutronen haben uns dabei geholfen, den außergewöhnlichen Fund zu enttarnen. Anhand der Zusammensetzung können wir darauf schließen, dass es sich um einen Eisenmeteoriten handelt“, erklärt Li. Er zeichne sich durch eine Legierung von Eisen mit Nickel aus. Der besonders hohe Nickelanteil von 18 Prozent klassifiziere das außerirdische Gestein weiter als einen Ataxit. Ataxite sind eine besondere Klasse von Eisenmeteoriten, die keine sogenannten Widmanstätten-Strukturen zeigen. Eisenmeteoriten stammen vermutlich aus dem Kern ehemaliger Asteroiden, die bei Zusammenstößen im All zerbrachen und in Bruchstücken auf die Erde niedergingen. Die meisten Asteroiden bewegen sich zwischen den Bahnen von Mars und Jupiter. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch dieser Meteorit seinen Ursprung dort hat, ist also groß. Eisenmeteorite machen nur etwa ein Zwanzigstel aller Meteoriten aus, Ataxite sind darunter wiederum eine rare Klasse. Der Meteorit in Libyen ist also ein ungewöhnlicher Fund.
Getauft auf den Namen „Oiuru 001“
Die Ergebnisse der Analyse haben Heinlein und Li der Meteoritical Society gemeldet. Die Organisation vergibt international anerkannte Namen an Meteoriten und veröffentlicht diese in ihrem Bulletin und in ihrer Datenbank. Üblicherweise tragen Meteoriten den Namen ihres Fundorts. Gar nicht so einfach bei diesem Fund im Niemandsland zwischen den Staaten. Das Namenskomitee der Meteoritical Society vergab schließlich den Namen „Oiuru 001“ . Damit ist der Meteorit jetzt offiziell anerkannt – als einer von insgesamt 1499 Meteoriten in Libyen.
Veronika Aechter
Presse- und Öffentlichkeits-
arbeit FRM II
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